Erstes E-Motorrad mit Zweiradantrieb und weitere Elektromobilitäts-Lösungen
Rückblick auf Fachmesse eMove360° im Oktober 2019
– Vom 15. bis 17. Oktober war wieder einmal im Münchner Messegelände die eMove360°, Fachmesse für Elektromobilität, zu Gast. In den Messehallen A5 und A6 wurden so manche Ideen, Produkte und Lösungen für die emissionsfreie Fortbewegung präsentiert. Zudem konnte man im östlichen Freigelände auch mit einigen Elektrofahrzeugen Probefahrten machen.
Ich habe mich am 15. Oktober auf dieser Fachmesse umgesehen und dabei auch drei Videoreportagen für meinen YouTube-Kanal gedreht, die ich hier einfach mal kurz zusammenfasse. Und danach gibt es noch ein paar Schnappschüsse mit weiteren Impressionen von der eMove360°
ETH Zürich-Studenten haben weltweit erstes Elektromotorrad mit Zweiradantrieb vorgestellt
Am meisten hat mich auf der eMove360° ein kleiner Stand mit Studenten der ETH Zürich fasziniert. Sie zeigten den einsatzbereiten Prototypen des ersten Elektromotorrads mit Zweiradantrieb. Das rund 300 Kilogramm schwere Motorrad „ethec“ hat zwei Radnabenmotoren mit Rückspeisung der Bremsenergie (Rekuperation) in die Lithium-Ionen-Akkus mit 15,6 Kilowattstunden. Der vordere Motor hat eine Spitzenleistung von 16 kW und der Motor im Hinterrad hat 34 kW. Das sehr schick gestylte Motorrad und wurde komplett von einer Gruppe aus 16 Stunden entwickelt und hat am Abend vor dem Messebeginn den eMove360°-Award in der Kategorie „Student“ gewonnen. Betreut wurde das innovative Projekt von Dr. Josef Mayr von der inspire AG.
In meinem unten folgenden YouTube-Interview vom 15.10.2019 erklären Marco Job und Samuel Renggli (beide derzeit im Masterstudiengang Maschinenbau der ETH Zürich) viele Details des Prototypen. Zudem berichtet Martin Tanner (im Bachelorstudiengang Elektrotechnik der ETH Zürich) über erste Ideen zum derzeit gerade anlaufenden Nachfolgeprojekt, das unter anderem zum Ziel hat, das das Gewicht des Elektromotorades auf rund 200 Kilogramm zu reduzieren. Abschließend spreche ich mit Dr. Josef Mayr über die Durchführung dieses wirklich interessanten Fachbereichs-übergreifenden Studienprojektes an der ETH Zürich. Josef Mayr hat an der ETH Zürich seine Doktorarbeit geschrieben und ist in der inspire AG im Bereich „Innovative Werkzeugmaschinen und Fertigung“ der Leiter des Bereiches „Thermische Simulation“. Die inspire AG ist als Partner der ETH Zürich nach eigenen Angaben das führende Schweizer Kompetenzzentrum für den Technologietransfer zur MEM-Industrie.
Elektroroller „Scooter“ von unu mit schnell wechselbarem Akku
Ebenfalls eine eMove360°-Award erhielt die unu GmbH aus Berlin für ihren neuen Elektroroller „Scooter“ – und zwar in der Kategorie „Leichtfahrzeuge“. Der Scooter soll im Frühjahr 2020 in drei Motorisierungsvarianten auf den Markt kommen und wiegt 81,5 Kilogramm ohne Akku. Zum Lieferumfang wird ein Lithium-Ionen-Schnellwechsel-Akku mit 50,4 Volt und 28,5 Ah gehören, der ca. 10 Kilogramm wiegt und eine Reichweite von 50 Kilometer ermöglichen soll. Im Stauraum unter der Sitzbank für zwei Personen hat auch noch ein zweiter Akku mit den selben Abmessungen und Leistungdaten Platz. Die Scooter-Elektronik schaltet in diesem Fall im Fahrbetrieb bei Bedarf automatisch auf diesen zweiten Akku um – mit zwei Akkus hat der E-Roller also eine Reichweite von rund 100 Kilometern.
Auf der eMove360° haben mir Maja Ruhbach und Quang Pham von unu (unumotors.com) ihren neuen Elektro-Scooter ausführlich gezeigt und erklärt (siehe im unten folgenden Video). Er ist auf eine Maximalgeschwindigkeit von 45 km/h ausgelegt und soll mit drei verschiedenen Motoren angeboten werden:
– Basic-Version mit 2 kW Motorleistung – UVP 2799 Euro
– Standard-Version mit 3 kW Motorleistung – UVP 3299 Euro
– Plus-Version mit 4 kW Motorleistung – UVP 3899 Euro
– ein Zusatzakku soll für 700 Euro angeboten werden
– außerdem sollen die Scooter auch im Leasing für 69, 79 bzw. 89 Euro pro Monat erhältlich sein.
Bereits ab Werk soll der Scooter unter anderem ein Bedienterminal mit NFC-Schnittstelle und eine 4G-Mobilitätsbox an Bord haben, die es ermöglicht, das Fahrzeug zu orten und es auf Basis einer Smartphone-App mit „Key Sharing“-Funktion beispielsweise mit Freunden zu teilen.
Aus Fahrrad wird Pedelec – pfiffige Nachrüstlösung
Ebenfalls sehr interessant war für mich auf der eMove360° eine Pedelec-Lösung zur Nachrüstung von normalen Fahrrädern zu einem E-Bike. Diese basiert auf einem Hinterrad-Reibrollenantrieb und kann laut go-e in weniger als einer halben Stunde montiert werden. Vorgestellt wurde das ONwheel Complete Kit zwar bereits im Rahmen einer Kickstarter-Kampagne im Jahr 2015 und auf dem Markt ist sie seit 2016. Bislang ist das System noch sehr wenig verbreitet, aber jetzt stellte es go-e noch einmal auf ihrem eMove360°-Messestand vor. Ich habe es mir von Vincent Marbé, CEO der go-e GmbH, ausführlich während meines Interviews zeigen und erklären lassen. Der etwa 2 Kilogramm schwere Wechselakku des Systems zum UVP von 749 Euro soll mit seiner Kapazität von 200 Wh eine Pedelec-Reichweite von 30 Kilometern ermöglichen.
Abschließend noch ein paar Fotos mit weiteren Messeimpressionen von der eMove360°
Nostalgie trifft Moderne – die E-Kutsche
Die elektrische Kutsche Ecarrus war auf der eMove360° am 15.10.2019 in München ein echter Hingucker. Sie ist unter anderem für historisch angehauchte Stadtrundfahrten gedacht, wie sie aktuell von myETOURS angeboten werden. Die E-Kutsche mit acht Sitzplätzen ist auf eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h ausgelegt. Sie hat zwei Radnabenmotoren zu je 8 kW und eine Batterie mit 25 kWh bei 48 Volt für eine Reichweite zwischen 25 und 120 km – je nach Zahl der Fahrgäste.
Hypercharger mit bis zu 300kW Lade-Ausgangsleistung
Sehr imposant waren auf der eMove360 am 15.10.2019 in München die 2,19 Meter hohen Hypercharger-Ladestationen von Alpitronic aus Bozen. Die stärkste Variante ist auf eine DC-Ausgangsleistung von 300 kW bzw. 500 A ausgegt – verteilt auf vier Ausgänge mit einer einstellbaren DC Ausgangsspannung zwischen 150 und 1000 Volt. Allerdings dürften so große Ladestationen mit einer Leistungsaufnahme von bis zu 320 kW (466 A, 3 x 400 V bei 50 Hz-Wechselspannung) eine große Herausforderung für die Stabilität eines Stromnetzes werden – insbesondere im ländlichen Raum.
Probefahrten mit Elektrofahrzeugen auf dem Freigelände der Messe
Beim Ostausgang des Münchner Messegeländes gab es auch einige Möglichkeiten für elektromobile Probefahrten. So verlieh beispielsweise JVU den Elektroroller „Classico Li“ und der Hersteller Biro aus Kitzbühel ermöglichte Probefahrten mit seinem kompakten Vierrad-Fahrzeug Birò. Das Kompaktgefährt Birò mit zwei Sitzplätzen hat eine Maximalleistung von 3,3 kW und arbeitet mit zwei 48-Volt-Motoren. Dabei ist es auf eine Maximalgeschwindigkeit von 45 km/h (Führerschienklasse AM) und eine Reichweite von 100 km ausgelegt. In der Grundausstattung für den Sommereinsatz (Birò Summer) ist es ab 10.686 Euro (alle Preise inkl. MwSt.) erhältlich und für die Allwettervariante „Birò Winter“ mit beheizbarer Windschutzscheibe und seitlichen Türen muss man wohl laut Prospekt mindestens 13066 Euro investieren. Schließlich gibt es auch noch eine Big-Variante mit einem hinten angebauten 300-Liter-Kofferraum (ab 14851 Euro). Außerdem hat Birò ein Power-Upgrade für eine Geschwindigkeit von bis zu 60 km/h (Führerschienklasse B) zum Preis von 1190 Euro gelistet und für eine Reichweitenerhöhung um 55 km gibt es für 3558 Euro Euro eine ins Fahrzeug einschiebbare „Re-Move“-Batterie, die man zum Aufladen wie einen Rollkoffer mitnehmen kann.