Kaum neuer Lärmschutz für Vaterstetten und Zorneding

Bild 01: Infoabend der Bahn am 16. März im Pfarrheim Vaterstetten. Von links nach rechts: Henning Schwarz (Leiter Umweltschutz DB Netz AG), Michael-Ernst Schmidt (DB-Sprecher für Großprojekte), Torsten Gruber (Projektleiter der DB Netz AG für den Brenner-Nordzulauf) und als Gastgeber Georg Reitsberger (Bürgermeister der Gemeinde Vaterstetten).
(Foto: Peter Pernsteiner)

Brennerzulaufstrecke im Landkreis Eberberg:

Lächerliche Lärmschutzmaßnahmen und massive Zugverdichtung

– In Vaterstetten, Zorneding und Kirchseeon wird es wohl in zehn Jahren sehr ungemütlich, denn die Fertigstellung des Brenner Basistunnels beschert uns auf der Bahnstrecke zwischen München-Trudering und Grafing-Bahnhof für unabsehbar lange Zeit erheblich mehr Güterzüge. Welche Gegenmaßnahmen unternimmt die Bahn beispielsweise in Vaterstetten und Zorneding: Es gibt keinen einzigen neuen Meter Lärmschutzwand. Stattdessen sollen lediglich Schienenstegdämpfer eingebaut werden – in Zorneding sogar nur auf 300 Metern Länge.

Bild 02: Zur Verdeutlichung der Notwendigkeit des Brenner Basistunnels nannte die Bahn, dass allein über die Europabrücke täglich 120.000 Tonnen Güter transportiert werden – wenn diese Brücke mal gesperrt werden müsste, wären allein schon für diese Gütermenge nicht weniger als 92 Güterzüge pro Tag erforderlich.
(Foto von DB-Präsentation am Infoabend: Peter Pernsteiner)

Am 16. März war im Pfarrheim Vaterstetten eine Infoveranstaltung der Bahn zum Thema Brennerzulauf und den dafür geplanten Lärmschutzmaßnahmen im Bereich Haar-Vaterstetten-Zorneding. Drei Herren der Bahn erläuterten in ihren Vorträgen, was alles unternommen wird, um im Bereich Kiefersfelden-Rosenheim-München das Mammutprojekt BBT (Brenner Basistunnel – www.bbt-se.com) voran zu bringen. Außerdem war zu hören, welche Maßnahmen konkret für die drei Gemeinden Haar, Vaterstetten und Zorneding angedacht sind.

Der 64 Kilometer lange Brenner-Tunnel soll voraussichtlich 2026 in Betrieb gehen. Er bekommt zwei eingleisige Röhren und hat laut DB-Vortrag am Infoabend eine technische Kapazität von 264 Zügen täglich, die mit bis zu 230 km/h rasen können. Dabei sollen laut Internet-Info von bbt-se.com selbst die Güterzüge mit 120 km/h durch die Tunnels fahren. Hinzu kommen noch weitere 136 Züge, die auf der auch künftig nutzbaren Altbaustrecke über den Brenner unterwegs sein sollen. In Summe hat die Brenner-Bahnstrecke dann eine Kapazität von 400 Zügen täglich. Ein Großteil dieser in Zukunft möglichen Züge dürfte auf unabsehbar lange Zeit durch unseren Landkreis in Richtung München donnern – und damit auch durch Kirchseeon, Zorneding und Vaterstetten.

Bild 03: Dieser Güterzug dröhnte am 19. März mit 39 Wagen durch Zorneding.
(Foto: Peter Pernsteiner)

Dass der Brenner Basistunnel ernsthaft gebaut wird, ist seit fast zehn Jahren Fakt. Am 20.8.2007 war der Baubeginn des Zufahrttunnels in Mauls (Italien) und am 28.4.2008 der Baubeginn des Erkundungsstollens von Italien aus. Diese und viele weitere Meilensteine und Bauabschnitte kann man in einer eindrucksvoll langen Liste unter www.bbt-se.com/tunnel/geschichte-des-baus nachlesen.

Was machen unsere Bundespolitiker und unsere Bahn?

Unser Bundesverkehrsministerium sowie unsere beiden Landkreis Bundestagsabgeordneten Dr. Andreas Lenz (CSU) und Ewald Schurer (SPD) stehen all dem leider bislang mit extrem wenigen Aktivitäten gegenüber. Zwei Jahre nach den ersten Bürger-Informationsabenden in unserem Landkreis gibt es kaum neue konkrete Ergebnisse:

Bild 04: Neben den beiden S-Bahn-Gleisen gibt es im Bereich des Bahnhofs Zorneding zwei Schnellfahrgleise und dazwischen ein für beide Richtungen nutzbares Ausweichgleis, auf dem ein bis zu 700 Meter langer Güterzug für einen überholenden Railjet, ICE oder Meridian einen Zwischenhalt einlegen kann.
(Foto: Peter Pernsteiner)

– Die DB schlägt lediglich 20 Schallschutzmaßnahmen auf einer Strecke von 100 Kilometern vor (davon nur ein Bruchteil für unseren Landkreis) und

– die ebenfalls für einen Großteil unseres Landkreises nur halbherzige Maßnahme 2-009-V03 im Bundesverkehrswegeplan für das Jahr 2030.

Was bedeuten diese beiden Maßnahmen beispielsweise für den Bereich Vaterstetten-Zorneding

Kommen wir zuerst zum Bundesverkehrswegeplan 2030, der im Dezember 2016 endgültig verabschiedet wurde. Er enthält das Projekt 2-009-V03, das als VB (Vordringlicher Bedarf) eingestuft wurde. Explizit steht darin für unseren Bereich eine Blockverdichtung zwischen München-Trudering – Grafing

Bild 05 (Tabelle): Spontan von mir durchgeführte Zugzählung am Samstag, den 4.6.2016 im Rahmen der Einweihung des Bewegungsparks am Zornedinger Weiher.
(Datenerfassung und Tabelle: Peter Pernsteiner)

(Quelle: www.bvwp-projekte.de/schiene/2-009-V03/2-009-V03.html). Was diese Blockverdichtung bedeutet, zeigt die Tatsache, dass bereits heute im Bereich Zorneding an einem x-beliebigen Samstag-Nachmittag gelegentlich Güterzüge mit nur zwei Minuten Abstand in der selben Richtung vorbeidonnern. Und selbst bei Personenzügen oder im Mischbetrieb sind drei Minuten Abstand schon heute keine Seltenheit mehr (siehe Bild 05 mit meiner Zugzählung vom 4.6.2016). Nach einer Blockverdichtung auf Basis einer verbesserten Signaltechnik dürfte es durchaus möglich sein, dass im Bereich Trudering-Grafing locker alle 5 Minuten in beiden Richtungen jeweils ein Güter- oder Personenzug fahren könnte – in 17 Stunden also mehr als 400 Züge.

Ewald Schurer, Bundestagsabgeordneter der SPD, warf zwar am Abend ein, dass eine zweigleisige Strecke von Markt Schwaben über Mühldorf nach Freilassing ebenfalls für Entlastung bei uns sorgen könnte – sowohl beim Güterverkehr als auch bei den Personenzügen. Allerdings existieren heute diese Strecken zu großen Teilen nur eingleisig und sind noch nicht einmal elektrifiziert. Eine weitere immer wieder zu hörende Idee wäre eine Neubaustrecke zwischen Mühldorf und Rosenheim, die aber nicht im Bundesverkehrswegeplan 2030 zu finden ist. Wir brauchen uns leider nichts vormachen – die Bahnstrecke München-Trudering-Grafing-Rosenheim wird nach Eröffnung des Brenner Basistunnels viele Jahre die Hauptlast dieses zusätzlichen Zugverkehrs bewältigen müssen!

Unzulängliche Schallschutzmaßnahmen

Bild 06: Am Infoabend wurde von der Bahn vorgestellt, dass die Gutachter für Zorneding leider lediglich Schienenstegdämpfer in einem Bereich von nur 300 Metern vorgeschlagen haben. Interessant ist allerdings, dass eine wesentliche Information der Bahn über Zorneding massiv falsch ist, weil es bei uns gar nicht so viele Lämschutzwände gibt …
(Foto von DB-Präsentation am Infoabend: Peter Pernsteiner)

Höhepunkt des Infoabends war die Vorstellung der für Haar, Vaterstetten und Zorneding vorgeschlagenen Schallschutz-Maßnahmen. Auf der rund 100 Kilometer langen Strecke zwischen Trudering und Kiefersfelden wurden laut Bahn im Rahmen des kurz vor dem Abschluss stehenden Lärmsanierungsprogramms des Bundes 19 Kilometer Lärmschutzwände errichtet und viele Gebäude erhielten passive Lärmschutzmaßnahmen. Hinzu kommen nun auf der gesamten Strecke lächerliche weitere 20 von der Bahn vorgeschlagene Maßnahmen mit einem Investitionsvolumen im Wert von 13,6 Millionen Euro – und zwar 6853 Meter neue Lärmschutzwände und 3710 Meter Schienenstegdämpfer.

Konkret sind laut Bahn für die zum Infoabend eingeladenen Bürger folgende drei Maßnahmen geplant:

In Haar soll eine 700 Meter lange drei Meter hohe Schallschutzwand im Bereich zwischen Rappenweg und Großfriedrichsburger Straße nördlich der Bahnstrecke erreichtet werden. Sie soll ein bestehendes und in Erweiterung befindliches Wohngebiet von Haar neben der S-Bahn-Haltestelle Gronsdorf vor Bahnlärm schützen.

Vaterstetten hat derzeit 6845 Meter Schallschutzwände, von denen aber viele auf Kosten der Gemeinde gebaut wurden und nicht die optimale Höhe haben. Dort sollen zwischen Sonnenweg und Holzwiesenweg an 3410 Metern der Strecke Schienenstegdämpfer und Schienenstegabschirmungen installiert werden, die den Bahnlärm wohl um 2 bis maximal 3 dB dämpfen könnten. Für die von Bürgern monierten Beeinträchtigungen durch Erschütterungen fühlten sich die Bahn-Referenten des Abends nicht zuständig.

Bild 07: … die Lärmschutzwand existiert in Zorneding nur auf der südlichen Seite der Bahn auf einer Länge von knapp 1,8 Kilometern ab kurz nach der Brücke der Staatsstraße 2081 bis kurz nach der Schwanenland Gartenbaumschule unterhalb dem Daxenberg (siehe Bild). Auf der Pöringer Seite der Bahnstrecke gibt es leider keinen einzigen Meter Lärmschutzwand der Bahn.
(Foto: Peter Pernsteiner)

In Zorneding gibt es laut Präsentation vom Infoabend 2605 Meter Schallschutzwände. Die Gutachter empfehlen hier auf einer Länge von lächerlichen 300 Metern im Bereich zwischen Raiffeisen-Lagerhaus und der östlichen Bahnhofstreppe von Pöring ebenfalls lediglich neue Schienenstegdämpfer und Schienenstegabschirmungen. In Zorneding existiert bekanntlich nur an der Südseite eine Lärmschutzwand, die auch laut Ortsplan auch nur maximal 1,8 Kilometer lang ist. Dieses Beispiel zeigt, dass man die Angaben der Bahn an solchen Infoabenden immer kritisch hinterfragen sollte.

Fazit:

Der zweieinhalb Stunden dauernde Infoabend der Bahn war aus meiner Sicht und auch nach Meinung vieler anwesender Bürger eigentlich eine Farce und mehr als ernüchternd. Ich fordere hiermit unsere beiden Bundestagabgeordneten des Landkreises auf, sich deutlich mehr für einen optimalen Lärmschutz unserer Landkreisbürger einzusetzen – insbesondere im CSU-geführten Bundesverkehrsministerium. Und die Bürgermeister von Haar, Vaterstetten, Zorneding, Kirchseeon und Grafing sollten ebenfalls mobil machen, damit ihre Gemeinden auch nach der Eröffnung des Brenner Basistunnels lebenswert bleiben.

Peter Pernsteiner, Bundestagskandidat der FDP für den Wahlkreis Erding-Ebersberg

Bild 8: Auf der Pöringer Nordseite der Bahngleise von Zorneding gibt es bis heute keinen einzigen Meter Schallschutzwand der Bahn.
(Foto: Peter Pernsteiner)