Impressionen von der High End 2019
Röhrenverstärker, Hornlautsprecher und vieles mehr
– Von 9. bis 12. Mai fand im Münchner Norden im MOC die Audio-Fachmesse High End statt. Auch diesmal hat mich vieles schwer beeindruckt – sowohl akustisch als auch optisch.
Ganz besonders aufgefallen ist mir, dass inzwischen in den vier MOC-Messehallen und in den drei Atrium-Bereichen mit ihren unzähligen Hörstudios endgültig die „gute alte“ Röhrentechnik allgegenwärtig war. So zeigte der chinesische Hersteller Cayin (www.cayin.de) ein breit gefächertes Sortiment an Audioverstärkern mit Röhren-Endstufen und Röhren-Vorverstärkern der unterschiedlichsten Preisklassen. Sogar einen kleinen tragbaren High End-Audioplayer mit integrierter Röhrenendstufe hatte das Unternehmen auf seinem Messestand. Der Cayin N8 ist natürlich mit 128 x 70 x 21 mm und 380 Gramm Gewicht deutlich schwerer als ein klassischer MP3-Player und sein Akku mit 7000 mAh Kapazität reicht auch laut Datenblatt nur für ca. 9,5 Betriebsstunden, aber ansonsten war dieses Gerätchen wirklich beeindruckend – es kann decodieren mit bis zu DSD256 (Direct Stream Digital mit 256facher Abtastrate einer Audio-CD) und 32 Bit bei 384 kHz. Der Bordspeicher hat eine Kapazität von immerhin 128 GB und der Slot unterstützt MicroSD-Speicherkarten bis 512 GB. Für Neugierige: Der Cayin N8 hat einen Listenpreis von 3.600 Euro.
Auf der High End wurde auch deutlich, dass die Audio-Puristen durchaus bereit sind, für die extrem hohe Linearität und Rauscharmut von Röhrenverstärkern viel Geld auszugeben. So kostet beispielsweise der Stereo-Verstärker Kronzilla VA 680i von KR Audio aus Prag (www.kraudio.com/) 26.800 Euro. Er hat eine Ausgangsleistung von 2 x 60 Watt und einen Frequenzgang von 20 Hz bis 45 kHz.
Zudem sind diese Röhrenverstärker in der Regel auch sehr schick gestylt und bei der Ausgangsleistung scheinen die Entwickler auch in immer höhere Dimensionen vorzudringen. So zeigte mir Michael Franken von mfe (www.mfe.technology) auf seinem Messestand in meinem nachfolgend zu sehenden YouTube-Interview den HiFi-Monoblock-Verstärker Jericho TA 1100 mit einer Ausgangsleistung von 1000 Watt. Der komplett in Deutschland gefertigte Verstärker wiegt 55 Kilogramm und ist 480 x 564 x 285 mm groß. Das mit dem „reddot award“ ausgezeichnet Design basiert auf einer Mischung aus Aluminium, Glas und Kohlefaser-Carbon-Platten. Die auf der Messe gezeigte High End-Kombination aus zwei Endverstärkern und einem Stereo-Vorverstärker schlägt allerdings mit einem Preis von mehr als 200.000 Euro zu Buche. Die auf der High End-Messe gezeigte Kombination aus zwei Endverstärkern und einem Stereo-Vorverstärker schlägt allerdings mit einem Preis von mehr als 200.000 Euro zu Buche.
Im zweiten Teil des Videos (ab 6:41) sind der deutlich kleinere und preiswertere Röhrenverstärker TA 300 Mono und der Pre-Amplifier Tube One von mfe zu sehen sowie die High-End Lautsprecher LIVE ACT 408 zu sehen, die mir Dieter Molitor von LIVE ACT AUDIO (live-act-audio.de/ ) im Interview (ab 7:25) gezeigt und erklärt hat. Die ebenfalls in Deutschland gefertigten Lautsprecher der „Reference Line“ bestehen aus vier 8-Zoll-Hochleistungs-Chassis (1 x Hochleistungs-Koax-System mit 50 mm Beryllium Mittel-Hochton-Membran, 3 Hochleistungs-Bässe) und erhielten auf dieser Basis den Produktnamen LIVE ACT 408. Sie sind 120 cm hoch und wiegen je über 100 kg. Ihr Gehäuse besteht aus Buche- und Birke-Multiplexplatten und einer Oberfläche in Spaltholzoptik auf Basis eines Pressvorgangs). Das High End-Lautsprecherpaar ist für 50.000 Euro gelistet und als Mindest-Verstärkerleistung wurden im Interview 20 Watt genannt. Vorgeführt wurde die sehr überzeugend klingenden Lautsprecher mit den mfe-Hochleistungs-Monoblock-Verstärkern TA 300 Signage Edition (Paarpreis 21.600 Euro) und mit dem mfe-Pre-Amplifier Tube One Vorverstärker (9500 Euro).
Lautsprecher in allen Preisklassen
Auf der High End waren aber nicht nur Edel-Lautsprecher zu sehen, sondern auch unzählige Lautsprecher im normalen Consumer-Preissegment. So zeigte der Audio-Hersteller Nubert electronic (www.nubert.de/) aus Schwäbisch Gmünd anlässlich des 25-jährigen Jubiläums seiner nuBox-Lautsprecherfamilie zwei Jubiläumsmodelle, die derzeit in verschiedenen Farbausführungen zu Jubiläums-Sonderpreisen angeboten werden. Die Zweieinhalb-Wege-Bassreflex-Standbox nuBox Jubilee 425 ist 86 cm hoch und benötigt eine Standfläche von 21 x 27 cm. Sie ist bei einer Impedanz von vier Ohm mit 280 / 380 Watt belastbar und kostet pro Stück lediglich 375 Euro. Ich habe mir auf der High End den kleineren Bruder dieser Jubiläumsbox angehört – die nuBox Jubilee 325. Obwohl diese 9 kg wiegende Zwei-Wege-Bassreflex-Box nur 34 x 21 x 32 cm misst (4 Ohm, 150 / 200 Watt) und pro Stück wohl lediglich 225 Euro kosten soll, klang mit ihr Hotel California von den Eagles erfreulich transparent und so voluminös, dass ich ungläubig gefragt habe, wo denn der Subwoofer im Vorführraum versteckt ist. Und noch erstaunlicher ist, dass diese günstigen Lautsprecher auf Nachfrage am Messestand nicht in Fernost gefertigt werden, sondern im benachbarten Polen.
Sehr interessant waren auch die in Weimar aus Beton gefertigten Lautsprecher von Concrete Audio (www.concrete-audio.com). Gezeigt wurden die 110 cm hohe und 80 kg schwere geschlossene Passiv-Zweiwege-Standbox N1 mit 100 Watt Nennbelastbarkeit (bei 4 Ohm) und einem Übertragungsbereich von 34 Hz bis 40 kHz (UVP 11.900 Euro pro Paar) sowie der 38 cm hohe Aktiv-Kompaktlautsprecher B1 mit einem Übertragungsbereich von 45 Hz bis 20 kHz (UVP 3.490 Euro Paarpreis). Faszinierend war auch der 575 x 390 mm große und lediglich 32 mm flache Aktiv-Wandlautsprecher F1 mit einem Array aus 41 elektrodynamischen Miniaturlautsprechern (UVP 10.200 Euro für ein Paar inklusive dazugehörigem Subwoofer S1 flat oder S1 cube). Die Beton-Wandlautsprecher F1 wurden akustisch in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT entwickelt und die Standboxen N1 wurden bei Fraunhofer vermessen.
Die unzähligen auf der Messe gezeigten und vorgeführten Lautsprecher verdeutlichten aber auch, dass es nach oben wohl keine wirklichen Grenzen zu geben scheint – sowohl preislich als auch bei den Abmessungen. Am meisten haben mich auf der High End die in Deutschland gefertigten Horn-Lautsprecher Beta II-F4 von Cessaro (www.cessaro.de/) aus der Nähe von Frankfurt fasziniert – nicht nur akustisch, sondern auch in Sachen Design. Ich habe mir auf der Messe diese wirklich außergewöhnlichen Lautsprechersysteme für mein nachfolgend zu sehendes YouTube-Interview von Ralph Krebs, dem Entwickler und Geschäftsführer des Unternehmens, erklären und zeigen lassen. Jedes dieser 4-Wege-Lautsprechersysteme besteht aus einem etwa 1,8 Meter hohen ca. 600 Kilo schweren „Hauptsystem“ mit einem Super-Hochtöner in der Mitte, einem darüber angeordneten Mittel-Ton-Horn mit 60 cm Durchmesser und einem Tief-Mitteltöner mit 103 cm Durchmesser. Der Hochtöner und der Mitteltöner haben einen Kompressionstreiber mit Beryllium-Membran und einen Alnico-Magnet von TAD. Die Hörner bestehen aus einer zweischaligen Glasfaserkonstruktion mit Aluminium-Flansch am Ende und einer speziellen stark dämpfenden Polymer-Material-Füllung (mit ca. 8 cm Dicke). Die dazugehörigen Basslautsprecher werden in der Mitte zwischen den Main-Units positioniert und sind zusammen in etwa so groß, wie ein Klavierflügel. Jedes der beiden Bass-Systeme besteht aus zwei 16-Zoll-Chassis mit Alnico-Magneten. Ausgelegt ist das Lautsprechersystem laut Datenblatt für Räume bis 33 Quadratmeter.
Allerdings hat dieses Nobel-Lautsprechersystem von Cessaro auch einen stolzen Preis – beginnend bei 250.000 Euro ohne Verstärker. Vorgeführt wurden die Horn-Lautsprecher auf der High End mit zwei Ultra-Low-Noise-Monoblock-Röhrenverstärkern Poweramp Cessaro AIR two, die in Koopertion mit Ypsilon Electronics (ypsilonelectronics.com) aus Griechenland entwickelt wurden. Die Lautsprecher werden komplett auf Wunsch konfiguriert und farblich sowie bezüglich Holzart gestylt und haben eine Lieferzeit von üblicher Weise mindestens zwei Monaten. Das größte Lautsprechersystem von Cessaro ist übrigens der Omega II mit ca. 2,8 Metern Höhe und einem System-Gesamtgewicht von über 5 Tonnen und einem Preis von Rund einer Million Euro.
Neben Lautsprechern und Röhrenverstärkern gab es aber noch viel mehr zu bewundern. Das Spektrum reichte von unzähligen Plattenspielern, wie beispielsweise den aus Glas gefertigten Radius 7 Turntable von Roksan (www.roksan.com) über Kabel und Phonomöbel bis hin zu Pufferspeichern, die eine extrem stabilisierte USV (Unterbrechungsfreie Stromversorgung) für hochwertiges High End-Audioquipment im Heim zur Verfügung stellen. Sie sollen kurzfristige Stromnetz-Schwankungen oder Stromausfälle überbrücken können. Gezeigt wurden auf der Messe drei Versionen der Stromtank Audio Power von WinBat Technology aus Berlin (www.stromtank.com). Die größte Einheit dieser schick gestylten Puffer-Einheit ist der 125 kg schwere S-5000HP mit einer Spitzen-Überbrückungsleistung von 5600 VA bis zu 5 Sekunden bzw. 2400 VA für 30 Minuten und arbeitet intern mit einer Batterie mit 48 Volt und 100 Ah Kapazität. Die kleinste Einheit ist der S-2500 mit 24 Volt und 100 Ah zur Spitzenlastüberbrückung von 2500 VA für 5 Sekunden bzw. 900 VA für 30 Minuten – im Dauerbetrieb mit Stromnetzpufferung ist diese Einheit auf eine kontinuierliche Leistungsbereitstellung von 550 VA ausgelegt, während die S-5000HP in dieser Betriebsart 1500 VA zur Verfügung stellt.
Sehr beeindruckend war für mich schließlich noch eine Dolby Atmos-Vorführung von PMC (pmc-speakers.com). Sie basierte auf 21 Lautsprecher-Systemen von PMC und zeigte absolut überzeugend, was man aus 60 Jahre alten Masterband-Aufzeichnungen und alten Schallplatten des amerikanischen Jazz-Trompeters Miles Davis herausholen kann. Obwohl das Stereo-Basismaterial der Studioalben „Kind of Blue“ und „Sketches of Spain“ aus den Jahren 1959 und 1960 waren, fühlte ich mich bei diesem erstmals vorgeführten Dolby Atmos-Remix von PMC wie in einem Original-Konzertsaal. Zum Einsatz kamen im Demo-Raum der High End vorne drei Lautsprechersysteme fact fenestra und an der Decke sechs Flachlautsprecher wafer2. Für den Surround-Eindruck sorgten zudem an den Seiten und hinten insgesamt zehn wafer2-Lautsprecher und schließlich kamen noch zwei Subwoofer QB1 Pro zum Einsatz.
Fazit: Dieser Ein-Tages-Ausflug in die audiophile Welt der High End auf dem Münchner Messegelände MOC hat mich wirklich schwer beieindruckt. Schade war nur, dass die Zeit wie im Fluge vergangen ist.