Funk-Wasserzähler unterwandern Unverletzlichkeit der Wohnungen
Ebnet Bayerische Staatsregierung Hightech-Einbrechern den Weg?
– Noch arbeiten die Wasserzähler in vielen Gemeinden klassisch analog, und wer diesen zweifelhaften Fortschritt nicht in seinem Haus haben will, braucht ihn nicht dulden. Aber wohl leider nicht mehr lange.
Das kann sich in Bayern bald ändern. Die Bayerische Staatsregierung will nämlich im Landtag das Bayerische Datenschutzgesetz und die Gemeindeordnung entsprechend abändern – bereits am 25. Januar 2018 (näheres dazu weiter unten). Die Folge dürfte sein, dass Wasserversorger jetzt endgültig die Möglichkeit bekommen, Funk-Wasserzähler in jedes Haus einzubauen. Mit diesem aufwändigen „Fortschritt“ wollen sich die Wasserwerke künftig die Zählerablesung erleichtern, weil man nicht mehr in die Häuser zum Zähler gehen muss, sondern den Zählerstand bequem vom Auto aus quasi im Vorbeifahren erfassen kann. Hierzu funkt der Wasserzähler je nach Modell alle paar Sekunden rund um die Uhr!
Dabei ist bis heute die einfache praxisbewährte Regel (etwa hier in meinem Heimatort Zorneding), dass der Kunde den Zähler selbst abliest und per Postkarte ans Wasserwerk meldet. Damit muss das Wasserwerk nur ins Haus,
– wenn der Wasserzähler nach üblicher Weise sieben Jahren seine Eichfrist erreicht hat oder
– wenn Störungen/Schäden am Wasserleitungsnetz auftreten.
Fast vier Millionen Datentelegramme pro Jahr und Wasserzähler
Viele werden jetzt denken, dass der Wasser-Zählerstand ja nicht so kritisch sei in Bezug auf die Verletzlichkeit der Wohnung. Das hängt allerdings ganz wesentlich von der eingesetzten Technologie ab. Denn viele Funk-Wasserzähler senden periodisch ihren Zählerstand in die Umwelt. So funken beispielsweise die neuen Wasserzähler der Gemeinde Schliersee alle acht Sekunden einmal ihren Zählerstand, ihre Zählernummer und weitere Informationen im Frequenzbereich 868 MHz aus, so wie etwa die aktuelle Durchflussmenge in Litern pro Stunde (http://rathaus.schliersee.de/uploads/media/Kundeninformation_Wasserzaehler.pdf). Das sind 450 Datentelegramme pro Stunde, 10.800 Datentelegramme pro Tag oder 3,942 Millionen Datentelegramme pro Jahr.
Wenn tausende Wasserzähler alle acht Sekunden ein 2 Millisekunden langes Datentelegramm verschicken, das mit so viel Sendeleistung übertragen werden muss, dass man es auch bequem draußen auf der Straße empfangen kann (in der Gemeinde Schliersee beispielsweise mit 25 Milliwatt Sendeleistung), dann ist es leider nur eine Frage der Zeit, bis das hoffentlich heute noch gut verschlüsselte Datentelegramm mit krimineller Energie geknackt wird. Hightech-Einbrecher oder auch andere Menschen mit abwegigen Gedanken könnten also künftig in Hausnähe eine kleine Blackbox mit integriertem Empfänger aufstellen und auf diese Weise ganz bequem erfassen, ob sich jemand im Haus aufhält. Und noch findigere Personen könnten dann einfach diese Information per in der Blackbox integrierter Mobilfunktechnik über beliebige Entfernungen weiterleiten.
Zurück zum Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung
Unter dem Deckmantel der Umsetzung der EG-Datenschutzrichtlinie (RL 95/46/EG) in Form der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) will die Bayerische Staatsregierung am 25.1.2018 das Bayerische Datenschutzgesetz ändern. Da heißt es im 65-seitigen Gesetzentwurf für ein Bayerisches Datenschutzgesetz vom 12.12.2017 (https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP17/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000012500/0000012823.pdf) auf Seite 2 etwas beschwichtigend: „Die Änderungen dieses Gesetzentwurfs beschränken sich dabei auf Anpassungen, deren Notwendigkeit sich durch die Verabschiedung der DSGVO ergibt. Weitere Rechtsanpassungen sind – bis auf die im Folgenden dargestellten Ausnahmen – nicht vorgesehen.“
Dann kommt es aber schon wenige Zeilen später knüppeldick in Form der Ankündigung, auch den Artikel 24 der Gemeindeordnung abzuändern, um „eine gesetzliche Rechtsgrundlage für den Einsatz elektronischer Wasserzähler zu schaffen, um Rechtsunsicherheiten in der kommunalen Praxis auszuräumen.“
Das klingt auf den ersten Blick ganz harmlos! Wenn man sich dies aber mal auf der Zunge zergehen lässt und sich dann den Entwurf für die Änderung des Artikels 24 genau ansieht (Seite 19 des Gesetzentwurfs), wird schnell klar, dass diese „nett gemeinte“ Änderung eigentlich ein Frontalangriff auf die persönliche Freiheit und auf die Unverletzlichkeit der Wohnung ist.
Würde das Bayerische Datenschutzgesetz dank der absoluten Mehrheit der CSU geändert, dann dürften künftig Gemeinden in Satzungen für die Einrichtungen der Wasserversorgung festlegen, dass elektronische Wasserzähler mit Funkmodul eingesetzt und betrieben werden können – u.a. für die periodische Abrechnung oder Zwischenabrechnung des Wasserverbrauchs!
Gleichzeitig wird im Gesetzentwurf auch noch Artikel 124 der Gemeindeordnung geändert: Man schränkt in Verbindung mit solchen Funk-Wasserzählern die Grundrechte der Freiheit von Personen (Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes und Art. 102 der Bayerischen Verfassung) und die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Grundgesetz, Art. 106 Abs. 3 Bayerische Verfassung) ein. Damit wird auch ein Widerspruchsrecht durch die Bürger explizit ausgehebelt. Zwar gäbe es prinzipiell gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 DSGVO ein Widerspruchsrecht gegen die Verarbeitung von personenbezogener Daten – allerdings nur, wenn sich dies mit der besonderen Situation einer betroffenen Person begründen lässt. Dieser Nachweis dürfte jedoch schwierig sein, weil ja im Entwurf für Art. 24 der Gemeindeordnung explizit formuliert ist, dass eine gesetzliche Rechtsgrundlage für den Einsatz elektronischer Wasserzähler geschaffen werden soll, um Rechtsunsicherheiten auszuräumen.
Das ist sehr eigenwillig, weil man beispielsweise Bürgern die Möglichkeit nimmt, bei ihren Gemeinden einen Widerspruch zugunsten eines Zählers ohne Funktechnik einzulegen (z.B. wegen Elektrosensibilität bzw. aus Gründen persönlicher gesundheitlicher Vorsorge). Zudem nimmt man den Bürgern die Möglichkeit, sich gegen die grundrechtliche Einschränkung der persönlichen Freiheit, des Eigentumsrechts und der Unverletzlichkeit der Wohnung zu wehren (Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK), obwohl der Zweck und Vorteil des Einbaus neuer Funk-Wasserzähler verhältnismäßig gering ist.
Sollten also das Bayerische Datenschutzgesetz und die Gemeindeordnung in diesem Punkten am 25.1.2018 unverändert verabschiedet werden, ebnet die Bayerische Staatsregierung den Wasserwerken rundweg den Einsatz von elektronischen Wasserzählern mit Funktechnik. Und damit würde die Bayerische Staatsregierung indirekt auch Einbrechern und anderen neugierigen Menschen ermöglichen, einen tiefen Einblick in Häuser und Wohnungen zu erlangen.
Weitere Beiträge zu dieser Thematik im Internet:
https://peter-pernsteiner.de/bundestagskandidat/20170726-digitale-wasserzaehler-muss-das-sein/