Reha am Berufsförderungswerk in Kirchseeon
Tolles Konzept mit Verbesserungspotenzial
– Ein Besuch der FDP-Bundestagskandidaten Daniel Föst und Peter Pernsteiner beim Berufsförderungswerk München zeigte eindrucksvoll, dass die große Bildungseinrichtung in Kirchseeon seit Jahren eine sehr gute Arbeit bei der beruflichen Wiedereingliederung leistet. Allerdings gibt es durchaus noch Dinge, die man verbessern könnte. So hat die Schule beispielsweise ein richtiges Ausbildungshotel, das aber leider letztes Jahr geschlossen werden musste, weil es laut Finanzamt der Gemeinnützigkeit des Berufsförderungswerkes im Weg stand!
Auf Initiviative des FDP-Kreisverbandes Ebersberg fand am 16. Mai ein zweistündiges Hintergrundgespräch beim Kirchseeoner Hauptsitz des Berufsförderungswerks München statt. Günther Renaltner, Geschäftsführer der Bildungseinrichtung zur beruflichen Reha ermöglichte einen umfassenden Blick hinter die Kulissen und stand auch Rede und Antwort. Eingeladen waren Daniel Föst, Bundestags-Spitzenkandidat und Generalsekretär der FDP-Bayern, und Peter Pernsteiner, FDP-Direktkandidat für den Wahlkreis Ebersberg-Erding, sowie der FDP-Kreisvorsitzende Alexander Müller.
Das Zentrum für berufliche Rehabilitation arbeitet als gemeinnützige Gesellschaft. Es wurde bereits 1968 von den Rentenversicherungsträgern und vom Bayerischen Sozialministerium gegründet. Günther Renaltner erläuterte, dass „wir zu 60 Prozent bis 2/3 belegt werden von der Deutschen Rentenversicherung, zu 25 Prozent von der Agentur für Arbeit und von Jobcentern sowie zu zehn bis zwölf Prozent von den Berufsgenossenschaft (Unfallversicherung).“ Aktuell beschäftigt das Berufsförderungswerk in Kirchseeon circa 200 Mitarbeiter – die meisten davon sind natürlich Lehrer in Vollzeit oder Teilzeit.
Hilfe nach einem Schicksalsschlag
Das Berufsförderungswerk hilft Menschen, die ihrer bisherigen Arbeit aufgrund eines körperlichen oder psychischen Schicksalsschlags nicht mehr nachgehen können, aber weiterhin am Berufsleben aktiv teilnehmen wollen. So erhält beispielsweise ein Dachdecker, der vom Dach gefallen ist und danach nicht mehr so stark körperlich arbeiten kann, eine entsprechende Umschulung in einen anderen geeigneten Bereich – beispielsweise zu einem Bauzeichner oder einem Verwaltungsfachangestellten.
In Deutschland gibt es einen Verbund von 28 solchen Berufsförderungswerken, die mehr als 250 berufliche Qualifizierungsangebote haben. Das Berufsförderungswerk München mit Hauptsitz in Kirchseeon hat Geschäftsstellen in München, Augsburg, Kaufbeuren, Passau, Rosenheim und Weilheim. Bei voller Auslastung hat Plätze für bis zu 700 Schüler – 450 davon können im hauseigenen Internat wohnen.
Ausstattung auf hohem Niveau
Am Standort Kirchseeon befinden sich unter anderem Werkstätten für Feinmachanik und computergestützte Fertigungstechniken, wie das CNC-Fräsen oder den 3D-Druck. Elektroniker lernen den praktischen Umgang mit einem digitalen Oszilloskop und ein künftiger Qualitätsfachmann für Fertigungskontrolle erlernt dem Umgang mit Präzisionssystemen zur taktilen Messung. Auch im kaufmännischen Bereich gibt es vielfältige praktische Lerninhalte. So befinden sich beispielsweise im Kirchseeoner Berufsbildungswerk verschiedene Übungsfirmen, die mit Übungsfirmen in anderen Bildungsstätten in virtuellen Geschäftsbeziehungen stehen und auf diese Weise Waren und Dienstleistungen kaufen und verkaufen. Eine dieser Übungsfirmen ist beispielsweise die „Bayerische Brau AG“ – sie braut fiktives Bier und hat auch einen keinen Ausstellungsraum zur Präsentation ihrer Produkte.
Im Durchschnitt sind die Schüler des Berufsförderungswerks 36 Jahre alt und ihre zu absolvierende Umschulung dauert je nach Fach sechs bis 24 Monate. In allen Fächern absolvieren die Schüler eine IHK-Prüfung und erlangen dadurch einen ordnungsgemäßen vollwertigen Berufsabschluss – das ist die ideale Voraussetzung zur erfolgreichen Wiedereingliederung ins Berufsleben. Günther Renaltner freut sich sehr darüber, dass „mindestens 80 Prozent der angetretenen Schüler einen Abschluss machen und parallel dazu auch medizinisch betreut werden.“ Hierzu gibt es am Standort zwei Ärzte und neun Psychologen.
Hotelausbildung musste leider eingestellt werden
Daniel Föst und Peter Pernsteiner waren von der Bildungseinrichtung eigentlich sehr angetan. Im Rahmen der Besichtigung stellte sich aber auch heraus, dass ein sehr interessanter Ausbildungszweig momentan leider gar nicht mehr angeboten werden kann – die Umschulung ins Hotelgewerbe. Zwar befindet sich in den beiden obersten Etagen des Berufsförderungswerks seit dem Jahr 2011 das komplett ausgestattete „Ausbildungshotel Bildungsblick BFW München“ mit einem phantastischen Rundumblick aufs Voralpenland. Noch im Jahr 2015 durfte dieser echte Hotelbetrieb mit richtigen Gästen arbeiten, wurde sogar von Booking.com ausgezeichnet und war auch Mitglied des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern e.V.. Am 30.4.2016 musste allerdings das komplette Hotel laut Günther Renaltner quasi auf Eis gelegt werden: „Aktuell können wir leider im Bereich Hotelfachmann/Hotelfachfrau keine Ausbildung anbieten, weil es steuerrechtliche Probleme gibt, die der Gemeinnützigkeit unseres Hauses im Wege stehen. Wir hoffen, dass wir unseren früher bereits existierenden Schul-Hotelbetrieb spätestens im nächsten Jahr wieder reaktivieren können.“ (Nähere Infos dazu gibt es beispielsweise in einem Beitrag der Süddeutschen Zeitung unter diesem Link) Eigentlich sehr schade, denn das Hotelfach kann man nun mal nicht mit vertretbarem Kostenrahmen in Trockenübungen erlernen, sondern nur in Form eines echten Hotelbetriebs mit echten Kunden. Dieses steuerrechtliche Dilemma ist auch aus Sicht der beiden FDP-Bundestagskandidaten ein Trauerspiel, zumal es in Kirchseeon kein konkurrierendes Hotel gibt und im Großraum München die Hotelbettenkapazität oft sehr stark ausgereizt ist.
Neben dem momentan sehr dunklen Kapitel „Hotel Bildungsblick“ wirken andere Probleme des Berufsförderungswerks fast harmlos, sind aber auch alles andere als zu vernachlässigen. Günther Renaltner wünscht sich beispielsweise sehnlichst, dass „das Reha-Budget besser ausgestattet sein könnte.“ Noch gravierender ist für ihn, dass viele aus der Ferne kommenden Schüler oftmals erhebliche zusätzliche finanzielle Belastungen stemmen müssen: „Große Probleme bereitet uns der unzureichende Förderrahmen für die Internatsunterbringung unserer Schüler.“
Im Rahmen der Wahlkampftour von Daniel Föst und Peter Pernsteiner fand im Anschluss an den Termin beim Berufsförderungswerk auch noch eine Besichtigung des Zornedinger Betriebs „AyuSha Heil- und Gesundheitszentrum“ statt. Dort wurde unter anderem über Bürokratie und über das Thema Internetanbindung von Gewerbebetrieben diskutiert – hierzu lesen Sie demnächst hier auf dieser Homepage mehr in einen eigenen Beitrag!